Eine kurze Zusammenfassung unseres aktiven Mitglieds Dr. Ernst-Martin Rießner

für Reiter, Bläser und Jäger:

 

Das Horn ist neben den einfachen Schlaginstrumenten wohl das älteste Musikinstrument. Viel wird über den Ursprung unserer heutigen Jagdhorntradition spekuliert. Es gibt auch weder einen eindeutigen Anfangspunkt noch eine einheitliche geschichtliche Linie. In prähistorischer Zeit wurden als Signal- und Jagdhorn Tierhörner benutzt. Auch Josuas Priester bliesen im 13. Jahrhundert v. Chr. bei der Belagerung Jerichos nicht auf Posaunen, sondern auf Widderhörnern. Die Etrusker stellten Hörner aus Terrakotta her, die Germanen bliesen auf Bronzeluren. Erst die Römer entwickelten die ersten gewickelten Hörner aus Metall.
Nachdem die Kunst konische Rohre zu wickeln im frühen Mittelalter in Vergessenheit geraten war, taucht sie im ausgehenden Mittelalter in Deutschland wieder auf. Im Mittelalter wurden auf Tierhörnern oder einfachen leicht gebogenen Blechhörnern sehr einfache, meist eintönige Signale geblasen, die lediglich zur Verständigung dienten. Darstellungen deutscher Parforcehörner gehen bis 1502 zurück. Von dort aus gelangten diese wahrscheinlich nach Frankreich. Michael Praetorius beschreibt 1619 in seinem „Syntagma musicum” verschiedene deutsche Horntypen. 1637 beschreibt Marin Mersenne in Frankreich ähnliche Hörner.

 

 

Jagdhörner

Jagdhörner

Deutsche Hörner von 1619
(Praetorius)

Französische Hörner von 1637
(Mersenne)

 

 

In Frankreich war die Jagdtradition aufgrund des damaligen Reichtums an den Königshöfen sehr ausgeprägt. Insbesondere unter Louis XIV. nahmen die Jagden eine nahezu operettenhafte Gestalt mit viel Prunk, Ballett und Feuerwerk an. Es wurde auf Halbmonden und gegen Ende der 70er Jahre des 17. Jahrhunderts auf zunächst 1½-windigen C-Hörnern mit einer Rohrlänge von nur 2,27 Metern geblasen, die äußerlich und mit ihrem kleinen Tonumfang und Klang dem heutigen deutschen B-Parforcehorn (ein Ton tiefer) ähneln. Dieses Horn in C, sowohl 1½-und später auch 2½-windig, war bis weit über das Jahr 1710 hinaus in Gebrauch. In den folgenden 25 Jahren hielt wahrscheinlich aus Böhmen kommend, erst das 1½-windige 4,5m Horn in Frankreich Einzug. Das 3½-windige D-Horn wurde erst gebaut nachdem zwischen 1785 und 1831 die englische Reitkappe in Frankreich Einzug hielt. Die verschiedenen Hornarten wurden zu dieser Zeit nebeneinander verwendet. Entscheidend für ihren Einsatz waren nicht etwa ihre Musikeigenschaften, sondern einzig die Hutform und der Brustumfang des Jägers.

 

Doch zurück in den deutschen Sprachraum. In einer Zeit, in der das höfische Leben Frankreichs allgemein in Europa Maßstäbe setzte, kam der aus Niedersachsen stammende böhmische Graf Franz Anton Sporck auf seiner Reise durch die Metropolen 1680 nach Versailles. Vom Prunk beeindruckt, legte er zu hause sein Schloß und seinen Garten nach französischem Vorbild an. Auch gründete er einen Hubertusorden und hielt Jagden nach französischem Vorbild ab, und erhielt noch zu Lebzeiten den Titel „Oberster Parforcejäger Europas”. Er schickte 1682 zwei seiner Jäger zur Ausbildung nach Versailles. Diesen standen nach ihrer Rückkehr wahrscheinlich die modernen Hörner aus Nürnberg und Wien zur Verfügung, denn die Hornbauer in diesen Regionen waren bereits durch das corno da caccia, das zu dieser Zeit Einzug in die europäischen Konzertsäle hielt, im fortschrittlichen Hornbau geübt. Die berühmtesten Hornbauer dieser Zeit waren J.H. Eichentopf, M. Leichamschneider, und die Nürnberger Ehe und Haas. Bereits Isaac Ehe (1586 - 1632) gilt als Europas bester Blechinstrumentenbauer seiner Zeit und als Begründer der berühmten Hornbauer-Dynastie. Auf diesen Hörnern war auf Grund der größeren Rohrlänge von 3,69 - 4,5m (F bis D) ein viel größerer Tonumfang und damit eine völlig neue Musik möglich. Im Laufe der Jahre wurden die Hörner immer stärker mensuriert. Diese Hörner gelangten nach Paris und auch zu Marquis de Dampierre und so zum zweiten male eine bedeutende Hornentwicklung von Deutschland nach Frankreich. Erst um etwa 1720 taucht jedenfalls das D-Horn auch in Frankreich auf, damals aber noch, wie schon oben beschrieben, anders mensuriert und gewickelt als heute, mit einem über weite Strecken zylindrischen Rohr. Alle Autoren sind sich darin einig, daß Böhmen ab dieser Zeit die führende Rolle in der europäischen Parforcehornmusik inne hielt. Aus dieser, auch in Deutschland und Österreich heute noch bedeutenden Epoche, die bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts dauerte, ist sehr schöne Literatur für das ES-Horn hervorgegangen. Es fand in dieser Zeit auch der Übergang vom Jagdhorn zum Orchester-Waldhorn statt. Die Blütezeit dieser Epoche wurde unter Leopold Kozeluh erreicht, der 1792 Mozarts Nachfolger als Wiener Hofkapellmeister wurde. Das Veranstalten von Parforcejagden und die Haltung von Hundemeuten erwies sich jedoch als äußerst kostspielig, so daß im deutschsprachigen Raum ab etwa dem Ende des 18. Jahrhunderts nur noch wenige Parforcejagden abgehalten wurden. Und auch in Frankreich setzte die Revolution der glorreichen höfischen Jagdtradition ein Ende. In Deutschland behielt das Parforcehorn seinen traditionellen großen Durchmesser, in Frankreich setzte sich mit der modernen Trompmusik das 3½-windige D-Horn durch.

 

 

Horn von M. Leichamschneider                      
Wien 1718

Reiter mit Meute und Parforcehorn
E. Ridinger

 

Copyright: © 2006 Reiterliche Jagdhornbläser Nürnberg e.V.
Verfasser: Dr. Ernst-Martin Rießner

 


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